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Keine Rundfunkgebührenpflicht des Arbeitgebers für Rundfunkempfänger von Arbeitnehmern

Datum: 12.02.2004

Kurzbeschreibung: (Urteil vom 22. Januar 2004 - 6 K 2524/02) Wenn Arbeitnehmer am Arbeitsplatz private Rundfunkgeräte benutzen, muss der Arbeitgeber dafür nicht die Rundfunkgebühr entrichten. In einem Klageverfahren wandte sich eine Aktiengesellschaft, die am Standort F. ca. 5.200 Mitarbeiter beschäftigt, gegen die Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkgebühren.

(6 K 2524/02) Sie selbst hielt im hier streitgegenständlichen Zeitraum zuletzt 21 Radio- und 18 Fernsehgeräte zum Empfang bereit, für die sie Rundfunkgebühren entrichtete. Durch einen Betriebsbesuch eines ihrer Rundfunkgebührenbeauftragten im Jahre 2000 erlangte die beklagte Rundfunkanstalt Kenntnis von dem Umstand, dass einzelne Mitarbeiter der Klägerin an ihrem Arbeitsplatz weitere, weder von der Klägerin noch von deren Mitarbeitern angemeldete Radiogeräte zum Empfang bereithielten. Sie bat die Klägerin daher um eine Pauschalanmeldung dieser Geräte in deren Namen sowie um Auskunft über die genaue Anzahl und den jeweiligen Bereithaltezeitraum dieser Rundfunkgeräte. Streng nach den gesetzlichen Bestimmungen sei der einzelne Mitarbeiter gebührenpflichtig. Die erbetene Pauschalanmeldung sei jedoch "eleganter" und mit weniger Verwaltungsaufwand verbunden. Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagierte, meldete die beklagte Rundfunkanstalt nach weiterem Schriftwechsel  für die Klägerin 100 zusätzliche Radiogeräte an, woraufhin die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - GEZ - die Klägerin u.a. zur Zahlung von 29.573,12 Euro für zugemeldete 100 Radiogeräte - bezogen auf den Zeitraum von Januar 1997 bis Dezember 2001 - aufforderte. Den dann schließlich erlassenen Gebührenbescheid der Rundfunkanstalt und deren Widerspruchsbescheid hob das Gericht jetzt auf und gab damit der Klage statt.

Nach dem als Landesgesetz umgesetzten Rundfunkgebührenstaatsvertrag bestehe, so das Gericht, die Rundfunkgebührenpflicht - vorbehaltlich gewisser Ausnahmebestimmungen - für jeden Rundfunkteilnehmer und für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkgerät. Rundfunkteilnehmer sei, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithalte. Ein Gerät werde zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden könnten. Diese Rechtsgrundlage decke die hier vorgenommene Gebührenerhebung nicht. Die klagende Firma halte die streitgegenständlichen Hörfunkgeräte, die ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz nutzen, nicht zum Empfang bereit und sei folglich nicht Rundfunkteilnehmerin im Sinne des Rundfunkgebührenstaatsvertrages. Maßgeblich dafür, wer Rundfunkteilnehmer sei, sei insoweit, wer die Möglichkeit habe, das Gerät zu nutzen, d.h. insbesondere über seinen Einsatz und über die Programmwahl tatsächlich und verantwortlich zu bestimmen. Unerheblich sei, wer Eigentümer des Geräts sei.Die „Sachherrschaft“ über das Empfangsgerät sei als gewichtiger Anknüpfungspunkt anzusehen, wenn sie sich in der rechtlich gesicherten Möglichkeit äußere, über den Einsatz des Gerätes und die Programmwahl tatsächlich und verantwortlich zu bestimmen.Bedeutsam für die im Tatsächlichen erforderliche faktische Verfügungsmacht sei insbesondere auch, wer für Anschaffung, Verwahrung und Kostentragung des Empfangsgeräts Sorge trage und wer eine Befugnis zu Weisungen über Programmwahl, Einschaltzeit, Lautstärke und sachgemäße Behandlung habe.

Demnach seien die einzelnen Arbeitnehmer, nicht jedoch die Firma selbst Rundfunkteilnehmer, weil sie faktisch die - alleinige - Möglichkeit zur konkreten Nutzung der im Streit befindlichen Geräte hätten. Die arbeitsrechtlichen Einflussnahmemöglichkeiten der Firma auf das Radiohören im Betrieb und die sonstigen durch die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses gekennzeichneten Gegebenheiten berührten die den Beschäftigten offen stehenden Nutzungsmöglichkeiten nicht in einem solchen Maße, dass von einem eigenverantwortlichen Bestimmungsrecht der Arbeitnehmer nicht mehr auszugehen oder gar eine verdrängende Nutzungsmöglichkeit der Firma anzunehmen sei. Im Übrigen ergebe auch eine Betrachtung des Regelungsgefüges des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in seiner Gesamtheit, dass der Arbeitnehmer und nicht den Arbeitgeber als Rundfunkteilnehmer anzusehen sei. Die Firma sei entgegen der Ansicht der Rundfunkanstalt auch nicht dadurch zur Rundfunkteilnehmerin geworden, dass sie die begehrte Auskunft betreffend Namen und Anschriften der einzelnen Mitarbeiter, die ein Hörfunkgerät nutzen, nicht erteilt habe.(Bi)

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