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Schulträger muss Kosten eines medizinisch notwendigen Bürostuhls für Lehrer übernehmen

Datum: 26.10.2004

Kurzbeschreibung: (Urteil vom 30. September 2004 - 6 K 821/03) Der beklagte Landkreis ist Träger einer Schule. Ein dort unterrichtender Lehrer beantragte bei der Schulleitung die Anschaffung eines bandscheibengerechten Schreibtischstuhles.

Die medizinische Notwendigkeit belegte er u. a. mit Hilfe des Gesundheitsamts. Der Landkreis lehnte den Antrag ab, da er sich als Kostenträger für die sächliche Ausstattung der Schule nur insoweit zuständig ansah, als die Gegenstände für einen geordneten Schulbetrieb erforderlich seien. Für persönliche Anforderungen einzelner Lehrer sei hingegen der Arbeitgeber zuständig. Letztlich übernahm, um keine weitere Verzögerung eintreten zu lassen, das Oberschulamt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Kosten für die Anschaffung des Schreibtischstuhls. Das Land Baden-Württemberg hat schließlich beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage auf Erstattung der verauslagten Kosten erhoben, nachdem der beklagte Landkreis die Kostenerstattung verweigerte.

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, das Land habe einen Anspruch auf Erstattung der für den Kauf des Schreibtischstuhles verauslagten Kosten. Rechtsgrundlage sei ein auf die Rückgewährung rechtsgrundlos erlangter Leistungen gerichteter öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, der als eigenständiges Rechtsinstitut des allgemeinen Verwaltungsrechts anerkannt und dadurch gekennzeichnet sei, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage durch Erstattung auszugleichen, d. h. der beim Begünstigten zu Unrecht bestehende Vermögensvorteil abzuschöpfen sei. Habe im Verhältnis zwischen zwei Trägern öffentlicher Verwaltung ein Nichtverpflichteter gehan-delt, werde auch von einem so genannten Ausgleichs- und Abwälzungsanspruch gesprochen. Nach Auffassung des Gerichts wäre der beklagte Landkreis verpflichtet gewesen, den Schreibtischstuhl auf seine Kosten zu beschaffen, da die hierfür erforderlichen Aufwendungen zu den "übrigen (Schul-) Kosten" i. S. v. § 15 Abs. 2 Halbs. 1 Finanzausgleichsgesetz - FAG - zu rechnen seien, für die der beklagte Landkreis als Schulträger kostentragungspflichtig sei. Unter die übrigen Schulkosten im Sinne der genannten Vorschrift fielen die Kosten für die Ausstattung der Schulen mit Sachmitteln (u. a. Schulgebäude, Ausstattung, Einrichtung, Lehrer- und Lernmittel). Nach § 48 Abs. 2 Schulgesetz stelle der Schulträger die für die Schule erforderlichen Einrichtungen und Gegenstände zur Verfügung. Die Aufwendungen für den Bürostuhl seien keine "persönlichen Kosten" i. S. des § 15 Abs. 1 FAG. Die Schullastenverordnung enthalte eine abschließende Aufzählung dessen, was unter "persönlichen Kosten" i. S. des § 15 Abs. 1 FAG zu verstehen sei. Unter die vom Beklagten herangezogenen "Beihilfen und Unterstützungen", die allein in Betracht kämen, könne jedoch die Beschaffung eines Bürostuhls nicht subsumiert werden. Auch dem Einwand, das Land habe unter Umgehung der gesetzlichen Zuständigkeit eigenmächtig gehandelt und könne daher im nachhinein keine Kostenerstattung fordern, sei letztlich nicht zu folgen. Der Eingriff des Landes in die Kompetenzen des Landkreises erscheine als nicht besonders schwerwiegend. In diesem Zusammenhang dürfe auch nicht Fürsorgepflicht des Dienstherrn außer Acht gelassen werden, seien doch seit Antragstellung des Lehrers mehr als drei Jahre vergangen, als sich das Oberschulamt zur Anschaffung des Bürostuhls entschlossen habe, um den Kompetenzstreit der beiden Verwaltungsträger nicht länger auf dem Rücken des Betroffenen auszutragen. (Bi)

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